metasymbol hat geschrieben:Ich habe aus finanziellen und anderen Gründen nun JackLab dicht gemacht.
Das ist sehr schade - Jacklab hat einen frischen Wind in die Szene gebracht. Dieser Effekt wird hoffentlich noch eine Weile nachwirken.
Audiofähigkeit ist bei den gängigen Distros zur Zeit in keinem besonders erfreulichen Zustand. Mandriva ignoriert dieses Thema schon länger, UbuntuStudio ist bestenfalls ein nice-to-have für Canonical und Fedora verlässt sich auf die Techno-Mönche von CCRMA.
Jacklab hat das Projekt "Suse für Musiker" sehr unmittelbar aus Musikersicht betrieben - mit eindeutigen Prioritäten. Keine Herumeierei in Sachen "Distributionseinbindung" und auch keine Konzentration auf akademische Musikproduktion sondern auf eine full-force Homerecording-Maschine. Außer AV-Linux sehe ich zur Zeit keine Linux-Variante mit einem ähnlichen Konzept und einem funktionierenden Produkt am Start.
metasymbol hat geschrieben:
Am Ende waren wirklich alle Entwickler verschwunden und niemand hat sich mehr um irgendwas gekümmert.
Warum?
metasymbol hat geschrieben:
Und es hat mich mehr Geld gekostet als 3 ausgewachsene Macs mit Logic und 20 Plugins.
Ich gehe davon aus, dass damit vor allem Deine Reisekosten gemeint sind. Das ist wie bei einer Band: wer als Musiker nicht Mainstream sein will, akzeptiert eben, dass auch mal das Spritgeld nicht reinkommt. Schön ist das nicht, Geld wäre genug in der Szene um wenigstens die Spesen abzudecken....
Das NOVELL nicht einmal die Serverkapazitäten bereitgestellt haben, ist allerdings - wie sagt man in Nordeutschland so schön: schäbbich.
metasymbol hat geschrieben:
Und als Anwender interessiert mich Linux gar nicht.
Ja, das ist dann wahrscheinlich auch das Problem gewesen.
Ich habe Deinen sehr direkten und manchmal lauten Diskussionsstil immer geschätzt und bei Bedarf auch gegen Trollvorwürfe allzu übereifriger GNU-Zeloten verteidigt, gestatte mir also, Dir auch mal was auf den Kopf zu zu sagen:
Du hast Dich als Anwender nie auf die Linux-Konzepte so eingelassen, dass Du deren Qualitäten und die bestehenden Probleme ins richtige Verhältnis setzen konntest.
Ich meine erst mal gar nicht GPL und Softwareeigenbau sondern schon so einfache Sachen wie virtuelle Desktops. Du wolltest meines Erachtens ein konservatives Applesystem mit kostenlosem Linuxkern - das kann nicht funktionieren. Nicht mal die Millionen von Shuttleworth haben so eine Lösung hinbekommen. GNU ist GNU - das ist eben modular und bietet alles mögliche, das dann irgendwie zusammenarbeiten muss, damit man zu Resultaten kommt.
Es muss jedem klar sein, dass Linux immer KDE, GNOME, Fluxbox, Gentoo, Suse, Debian, QT, GTK, Bash etc etc etc gleichzeitig ist. Ganz abseitige Ausformungen kann und sollte man sicher ignorieren aber eine Musiksoftware, die abstürzt(weil sie unter WINE läuft), wenn man unter GNOME den Desktop wechselt oder einen Standalone-Softsynth im gleichen Soundsystem startet, ist absolut zu 100% unbrauchbar.
Es gibt durchaus auch native Linux-Projekte, die den gleichen Fehler machen: LMMS ist eine Suitensoftware, die im Jacknetz kaum brauchbar läuft, Jokosher ist ein GNOME-Programm, dessen Entwickler Jack bis vor kurzem ignoriert haben und deshalb wird Jokosher auch von niemandem für voll genommen.
Freie Software ist eben anders: es gibt keine one-stop Lösungen und es wird keine geben. Alles muss irgendwie zusammenpassen und dazu muss man auf einander hören - zusammenarbeiten. Und die Szene hat eben auch konstituiernde Grundlagen und das ist vor allem die GPL.
metasymbol hat geschrieben:
Es fasziniert mich nicht, ich finde es ist keine bessere Lösung und es spielt bei mir einfach keine Rolle. Außerdem nervt mich diese fanatische und besserwisserische Linuxcommunity total.
Wer glaubt, er könne sein Konzept 1:1 auch ohne Rücksicht auf die Community-Konzepte durchsetzen, kämpft gegen Windmühlen.
Das ist genauso erfolgversprechend wie die pathetischen Petitionen, mit denen GNU-Leute bisweilen Hardwarehersteller oder die proprietäre Softwareindustrie auffordern, ihre Geschäftskonzepte aufzugeben.
WineASIO war durchaus ein Projekt von der Sorte, bei der die Community zuhört: technisch faszinierend, ein interessantes Konzept. Aber es ist als Teil von WINE heute nach wie vor weit, weit davon entfernt, ein vollwertiger, produktionstauglicher Teil des Linux Audio Systems zu sein.
Nicht, weil es keiner haben will, sondern weil es schlicht nicht ausreichend stabil arbeitet. Den Status einer stabilen, vollwertige Jack-App kann es nur bekommen, wenn sowohl das WINE-Projekt als auch die Jack-Leute essentielle Unterstützung leisten.
Wer was erreichen will, muss zusammenarbeiten.
Zur Zeit ist die Lage eher schlecht. Das Kernelchaos richtet einigen Flurschaden in der Audiocommunity an. Mal funktionieren die RT-Patches nicht, dann wird wieder die FW-Karte gar nicht angezeigt, weil die Distributoren die Releasenotes der Kernelhacker nicht lesen oder letztere keine brauchbaren Releasenotes schreiben.
Gelöst werden solche Probleme immer durch eine gemeinsame Anstrengung oder gar nicht.
metasymbol hat geschrieben:
Angesichts der Lage, das der Mensch dabei ist, das Leben auszulöschen auf der Erde ist Software wirklich das kleinste Problem.
"Der Mensch" - Du meinst uns?
Bei dem, was wir tun, gibt es kein "kleinstes Problem". Alles hängt zusammen und Software kann ein Teil des Problems oder Teil der Lösung sein.
Da stehen auf der eine Seite Steve Ballmer, die Deutsche Bank, GazProm, Monsanto, Rupert Murdoch und am Rand vom Zaun lungern auch NOVELL und Konsorten herum. Und auf der anderen Seite eben GNU, Attac, Götz Werner, Noam Chomsky, diverse Bauern/Umweltschutz Organisationen etc.
Das ist, sehr grob gerastert, die Situation: beide Seiten definieren sich nicht durch quasireligiöse Bekenntnisse, sondern durch Konzepte, mit denen Interessen durchgesetzt werden sollen. Die quasireligiösen Anstriche dienen der Selbstvergewisserung, sie sind nicht der Zweck, sondern Mittel zum Zweck. Aber sie bewirken auch bei der Wahl der Mittel zum Aufbau der eigenen Position gewisse Unterschiede.
Deshalb habe ich in launchpad so ein Theater gemacht, weil Canonical die Startmeldungen aus dem Splash entfernt hat - dem Nutzer Infos vorenthalten: das ist der Necromonger-Way
metasymbol hat geschrieben:
Von hier aus gab es für JackLab sowieso kaum Unterstützung. Ihr könnt hier mit Stolz sagen, das einzige relevante innovative Linuxaudio Projekt aus D von den Schnarchnasen von audio4linux immer ziemlich ignoriert wurde.
...das ihr die unzähligen Diskussionen immer persönlich genommen habt, das es euch immer so vorkam als würde meine sachliche und konstruktive Kritik euren armen niedlichen Tux auf das süße Köpfchen hauen.
Interessant - für so verbohrt hätte ich Dich gar nicht gehalten. Aber auch sympathisch, weil impulsiv und authentisch....
Sachlich gesehen natürlich Unsinn. A4l hat Dich immer unterstützt, Stress hast Du nur bekommen, wenn Du alles andere für ahhmmm... " nicht so innovativ" erklärt hast und nichts davon wissen wolltest, dass andere eben auch ohne WINE auf Debian oder Ubuntu richtig gut arbeiten können.
Es wird wohl niemand verwundern, dass Du Dich als Projektgründer für JAD besonders ins Zeug legst aber was bringt Dich auf die Idee, irgendjemand wäre verpflichtet, Dein Konzept zu mit aller Macht unterstützen? Ich gehe davon aus, dass viele hier JAD getestet und/oder bei sich laufen haben. Das gilt übrigens auch für die LAU-Leute. Ich selbst schreibe das hier gerade in Suse11, weil UBUNTU mit Firewire gar nicht kann und weil es mit dem jengelh-Kernel ein feines System ist.
Was hättest Du denn erwartet? Dass alle von ihren funktionierenden Debian/Jack/Ardour auf JAD/WINE/Reaper umsteigen? JAD hatte auch für Jack/Ardour - GNU-Leute einiges zu bieten, das stimmt. Einer der besten Kernel in der Szene und interessante Perlen wie Jost, Traverso oder Slag, die sonst keiner an Bord hatte. Guter Support für Medienformate und vorbildliche Unterstützung für Videosoftware etc etc etc.
Allerdings hattet Ihr auch das Problem, dass Packman eben wahlos von allem, was bei 3 nicht auf dem Baum ist, ein bleeding-edge Paket zusammenhaut und ohne Test ins Repo lädt.
Ich habe vor ca. 4 Jahren bei Packman angemerkt, dass einige Themes von XINE nicht funktionieren. Vor zwei Monaten hatte ich mal lange Weile und habe mir die Themes-Files angesehen, die packman immer noch kaputt ausliefert - ich habe den Fehler repariert, indem ich zwei Werte in einer selbsterklärenden Textdatei geändert habe...
Die Hälfte der Menüeinträge in JAD hat einfach nicht funktioniert, das mögen Musiker nicht, wie Du selbst völlig zu Recht immer wieder betont hast...
metasymbol hat geschrieben:
Besonders Dank an Zettberlin, der wirklich immer alles getan hat JackLab trotz verwirrender Umstände zu unterstützen in Artikeln und auf Messen etc.
Ich habe Dich immer gern unterstützt, weil Du tatsächlich was unternommen hast und weil ich ebenfalls der Ansicht bin, dass es in der Szene zu kuschelig zugeht.
Einiges von dem, was Du vertreten hast, halte ich für falsch aber Diskussion muss kontrovers sein, mit gegenseitigem Schulterklopfen ist nicht viel getan. Und Dein radikales Auftreten aus Sicht eines Musikers, der die Standards und Stärken von Mac und Windows gewöhnt ist, hat hoffentlich einigen die allzu rosige Selbstbetrachtung angemessen angekratzt.
metasymbol hat geschrieben:
Ich werde demnächst noch einen ausführlichen Abschlussbericht verfassen und den veröffentlichen.
Da bin ich gespannt - Sollte auch auf der LAU-Liste auftauchen.